Start-Up Motivation und Krisenbewältigung – Beim 50. Start-up Gruppentreffen fühlte ich mich wie in einem Wohnheim für „Betreutes Gründen“ Aufpeitschen, Einheizen wie bei einem Börsengang in der New-Economie. Selbstmotivation an schlechten Tagen, bedeutet meistens sich etwas vorzumachen.
Eine kleine Selbstlüge und für eine kurze Zeit fühle ich mich beruhigt. Sich von Rettungsanker zu Rettungsanker zu schwingen kosten Kraft, Zeit und Überwindung.Dabei fühlen wir uns wie ein Weitsprung-Weltrekordler, doch niemand kann alles erreichen, nur weil er es auch denken kann. Die selbstmotivierenden Mutmacher und positives Denken können krankmachen und die Verharmlosung von Problemen mit einem Alles-wird-gut-Denken verhindert, dass man Schwierigkeiten anpackt, und blockiert so sein eigenes persönliches Wachstum.
Resultat ist ein künstlich aufgepumptes Ego, das irgendwann in sich zusammenfällt. Standortbestimmung, von innen und außen betrachtet, driften weit auseinander.
Sind erstmal alle Optionen ausgeschöpft, rettet einzig die Strategie.
Die Strategie weist die Eigenmotivation in ihre natürlichen Grenzen. Zu wissen, was morgen ist, ist einem Adrenalinrausch à la „Alles ist möglich“ weit überlegen, denn es ist wirklich alles möglich inklusive Bankrott, Burn-out und Betrug.
Eine Übersicht über die besten Selbstmotivationsfallen:
Der faule Zauber: „Du kannst alles erreichen, wenn du nur wirklich willst“. Das ist Bullshit. Jeder von uns hat Grenzen, körperliche, mentale, intellektuelle, finanzielle… Es kann definitiv nicht jeder Astronaut, Millionär oder auch nur Frauenschwarm werden.
Der wahre Kern: In den meisten von uns steckt mehr, als wir denken und uns zutrauen. Vielen Menschen täten eine optimistischere Grundhaltung und mehr Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten gut. Wer die Messlatte etwas höher legt und mutig handelt, erreicht mehr als jemand, der zu früh aufgibt. Insofern ist „Alles ist möglich!“ eine positive Provokation, die (typisch deutsches?) Miesmachertum und „Das haben wir noch nie so gemacht“-Lethargie infrage stellt.
Tsjakkaa! Urschrei-Therapie für Versager
Der faule Zauber: Wer Tsjakkaa schreit, wird unbesiegbar. Er spornt Sie zu großen Leistungen an, so das „Du schaffst es!“-Versprechen. Das stimmt so nicht, denn Schreien gibt allenfalls einen kurzen Kraftimpuls. Möglicherweise ist der Tsjakkaa-Schrei deswegen so beliebt, weil er als euphorisches Erlebnis, als Überlegenheitsgeste, als Aufbegehren gegen eigene Ängste empfunden werden kann. Ein solcher Schrei gibt einen kurzen Schub, man fühlt sich eine Sekunde lang unbesiegbar. Doch der Effekt verpufft, er hat keine Nachhaltigkeit.
Der wahre Kern: Ein Ritual vor großen Herausforderungen kann die Angst dämpfen und die Konzentration fördern.
Positiv Denken! Selbstbetrug statt Aufbruchstimmung
Der faule Zauber: „Erfolg entsteht im Kopf“, so die These. Doch bei den meisten Menschen bleibt er auch dort. Wer positiv denkt, programmiert sein „Unterbewusstsein“ angeblich auf Erfolg und lebt allein durch die Kraft seiner Gedanken glücklicher, erfolgreicher und gesünder.
Der wahre Kern: Eine optimistische Grundhaltung hilft, Herausforderungen zu meistern. Und man kann trainieren, sich nicht von Grübeleien und negativen Gedanken überwältigen zu lassen.
Ziele setzen! Es könnte alles so einfach sein…
Der faule Zauber: „Schreiben Sie Ihre Ziele auf und profitieren Sie von der magischen Wirkung schriftlich fixierter Zielvorstellungen!“, so das kühne Versprechen.
Der wahre Kern: Ziele wirken tatsächlich wie ein Kompass und steuern Handlungsrichtung, – dauer und -intensität. Auch eine schriftliche Fixierung ist von Vorteil. Darüber hinaus kommt es aber vor allem darauf an, ins Handeln zu kommen. Aufschreiben allein genügt nicht!
Visualisieren! Fata Morgana der Träumer
Der faule Zauber: …besteht in der Behauptung, eine Zielcollage entfalte eine geradezu magische Wirkung und lasse die ausgewählten Bilder quasi automatisch Wirklichkeit werden.
Der wahre Kern: Im Brainstorming und bei der Ideenfindung kann man gut mit Bildern arbeiten. Und: Was wir vor Augen haben oder was uns beschäftigt, lenkt unsere Aufmerksamkeit. Sich mit seinen Zielen auseinanderzusetzen schärft daher die Wahrnehmung für thematisch Passendes.
Glaub an dich! Sprüche statt Strategien
Der faule Zauber: …entsteht, wenn banale Trostsprüche sich als echte Hilfestellung tarnen.
Der wahre Kern: Kurzfristig tut Trost gut, und wir alle brauchen gelegentlich Trost. Der sollte uns allerdings nicht einlullen und nicht davon abhalten, ins Handeln zu kommen.
Sei ein Teamspieler! Wer’s glaubt, wird selig aber nicht erfolgreich
Der faule Zauber: …besteht im Lobgesang auf eine nicht näher definierte „Teamfähigkeit“. Wer sich im Team versteckt und Konflikte scheut, wird es nicht weit bringen.
Der wahre Kern: Wer andere für sich und seine Ziele gewinnen kann, kommt leichter vorwärts. Dafür muss man aber Teams nutzen können, statt sie als bequeme Hängematte misszuverstehen.
Lauf Marathon! Unsinn des sportlichen Aktionismus
Der faule Zauber: Es wird suggeriert, (extreme) körperliche Fitness sei der Schlüssel zum Erfolg auch auf anderen Gebieten.
Der wahre Kern: Menschen, die gesund leben, sind im Allgemeinen leistungsfähiger.
Sei ganz du selbst! Die Lüge des Authentischseins
Der faule Zauber: …besagt, dass man „einfach“ nur man selbst sein müsse, und alles werde sich zum Besseren wenden. Das ist im besten Fall nichtssagend, im schlimmsten Fall irreführend. „Wähle dir Rollen, die zu deinen Werten und Eigenschaften passen, und reflektiere regelmäßig, wie du diese Rollen am besten ausfüllen kannst“, wäre ein ehrlicher und angemessener Rat. Nur ist der für das simple Weltbild, das die Tsjakkaa-Propheten verkaufen, vielleicht ein wenig zu komplex.
Der wahre Kern: …besteht darin, dass Menschen, die im Einklang mit ihren Werten und Bedürfnissen leben, glücklicher und potentiell auch erfolgreicher sind als Menschen, die das Gefühl haben, sich täglich verbiegen zu müssen.
Hab Spaß! Das Lächeln der Loser
Der faule Zauber: „Hab Spaß“ wird zur Erfolgsphilosophie überhöht, nach dem Motto: „Lächle in die Welt, und die Welt lächelt zurück.“ Das lädt zur Realitätsflucht ein und verhindert einen angemessenen Umgang mit Krisen. Wer die Erwartung schürt, der Job, das Leben (die Beziehung, der Sport etc.) solle immer Spaß machen, braucht vor allem eines – unbeschränkten Zugang zu Glückspillen.
Der wahre Kern: … ist, dass man Erfolge feiern sollte, um Kraft für die Zukunft zu schöpfen, und dass in einem erfüllten Leben auch Platz für Freude und Genuss ist.
Mit diesen Sofortmaßnahmen meistern Sie Rückschläge
Keine Panik
Egal, wie schwer Ihre Krise auch sein mag, reagieren Sie nicht panisch auf die aktuelle Situation. Kurzschlussreaktionen lassen aus lösbaren Problemen kapitale Katastrophen entstehen. Lassen Sie sich nicht von Ihren Emotionen zu unüberlegtem Handeln verleiten. Panik ist kein guter Ratgeber. Stattdessen: Einatmen, ausatmen, weiterleben!
Ist-Situation analysieren!
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie Ihre rosarote Brille absetzen müssen. Schluss mit dem Selbstbetrug! Nur ein schonungsloser Realitätscheck kann Sie weiterbringen. Hören Sie auf, anderen die Schuld zu geben. Verlassen Sie die Opferrolle und übernehmen Sie Verantwortung. Nur so werden Sie zum Steuermann Ihres Krisenkahns.
Kraft tanken
In herausfordernden Zeiten ist es besonders wichtig, gut zu sich selbst zu sein. Unabhängig davon, wie viel Arbeit zu leisten ist oder welche Probleme es zu meistern gilt: Nehmen Sie sich Zeit, um neue Kraft zu sammeln. Machen Sie Musik, meditieren Sie, lassen Sie sich verwöhnen. Gerade jetzt! Auch wenn andere es vielleicht nicht verstehen können, tun Sie es trotzdem! Tanken Sie körperliche und geistige Energie. Sie werden sie brauchen.
Verbündete suchen!
Machen Sie nicht den Fehler und verfallen Sie in eine Macho-Attitüde wie „Ich bin da allein reingekommen, ich komm da allein auch wieder raus.“ Sie brauchen Menschen an Ihrer Seite, die Sie als „Förderer und Forderer“ unterstützen. Förderer helfen Ihnen, Ihr angeknackstes Selbstwertgefühl wieder aufzubauen. Sie brauchen aber auch Forderer! Das sind diejenigen, die Ihnen notfalls in den Hintern treten, wenn Sie nicht ins Handeln kommen. Lassen Sie sich von Profis helfen, die sich mit Ihrem Dilemma auskennen. Seien Sie ehrlich zu sich selbst und sagen Sie: „Ich brauche Hilfe.“ Ab diesem Moment können Fachleute erst eingreifen, um Sie erfolgreich zu unterstützen.
Lösungen erarbeiten!
Erstellen Sie einen Plan, der Sie aus Ihrer Misere herausholen soll. Schreiben Sie glasklar auf, welche Schritte Sie kurz-, mittel- und langfristig durchführen wollen, damit Sie den Turnaround schaffen. Lassen Sie Ihren Plan von Verbündeten und Profis analysieren. Vergessen Sie bitte nicht: Beim letzten Mal hatten Sie sich auch alles vorher ausgemalt, und es hat trotzdem nicht funktioniert! Daher ist es überaus wichtig, dass Sie es diesmal besser machen. Feedback und Input von außen sind dabei sehr hilfreich.
Gas geben!
Nachdem sich die Panik gelegt hat, Sie Kraft getankt und sich Hilfe besorgt haben, ist es nun an der Zeit, ins Handeln zu kommen. Setzen Sie Ihren Plan um. Seien Sie diszipliniert: Bleiben Sie am Ball und seien Sie hart zu sich selbst. Denken Sie immer daran: Sie können Ausreden erfinden oder erfolgreich sein – beides zur gleichen Zeit geht nicht!
Erfolge feiern und dankbar sein!
Festigen Sie Ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugung, indem Sie kleine und große Erfolge zelebrieren – es muss ja nicht gleich eine Magnum-Flasche Schampus sein. Gönnen Sie sich schöne Momente mit Ihrer Familie oder Ihren Freunden. Bei allen Sorgen, die Rückschläge mit sich bringen, ist es überaus wichtig, Lebensfreude zu verspüren. Diese gibt Ihnen Energie und die Sicherheit, dass sich das Kämpfen lohnt! Und wenn Sie Ihren Frust und Ihre Niederlagen erfolgreich überwunden haben, vergessen Sie nicht, dankbar zu sein, denn Dankbarkeit ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben.
Aus dem Buch von Rolf Schmiel
Senkrechtstarter – Wie aus Frust und Niederlagen die größten Erfolge entstehen