EIne Gruppe für mehr Kreativität im Veedel
Der U-Bahn Bau in der Südstadt hat viel verändert und zwar nicht nur zum Positiven
VON KATHARINA LEY – Was haben Großstädte wie New York, London, Paris, aber auch Köln, München und Hamburg gemeinsam? Richtig: ihre Einkaufsstraßen. Dank Globalisierung muss man nirgendwo auf der Welt auf seine Lieblingsketten verzichten und außerhalb der Ballungsgebiete findet sich stets noch ein Ikea, sodass – mit ein bisschen Glück – bald in jedem Schlafzimmer die gleiche Lampe hängen wird. Man sollte meinen, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis wir an unserer Uniformität, die uns täglich in den massenhaft produzierten Waren in den Schaufensterauslagen begegnet , ersticken werden.
Die Luft wird dabei nicht nur für unsere Individualität dünn, sondern vor allem auch für diejenigen, die mit ihrer Arbeit der Uniformität entgegenwirken: der lokale Einzelhandel.Die Kölner Veedel sind einem stetigen Wandel unterzogen – ständig formieren sich die Einkaufsstraßen neu. Die Severinstraße ist nach monatelanger Bebauungsphase endlich in einem vorzeigbaren Zustand. Allerdings müssen sich auch die Einkaufsstraßen des Veedels vehement gegen die fortschreitende Verdrängung alteingesessener Geschäfte zur Wehr setzen.
Die Postleitzahl gibt den Ton an – 50678 umfasst Geschäfte rund um die Severinstraße
In der Kölner Südstadt hat sich vor gut neun Jahren die Gruppe 50678 KunstHandwerkDesign, kurz: 50678khd, zusammengefunden. Neun Einzelhändler verschiedenster Branchen planen seitdem gemeinschaftliche Ausstellungen und Aktionen, um für mehr Vielfalt und Auflockerung in den Straßen rund um die Hauptader Severinstraße zu sorgen. Mindestens ein Mal jährlich finden Aktionen in Form von Vernissagen oder Schaufensterausstellungen statt. Es steht bewusst der kreative Aspekt im Vordergrund, erklärt Modedesignerin Elisabeth Viehweger: „Wir kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, deshalb sind unsere gemeinsamen Aktionen auch immer sehr interessant und ein bisschen schräg. Aber das macht es dann auch für die Südstädter wieder aufregend und animiert dazu, tatsächlich mit dem Rad unsere Schaufenster abzufahren, um sich die Installationen anzusehen.“
Wie alles begann, hat Simone Gögelein, Inhaberin der gö ledermanufaktur, noch gut in Erinnerung: „Damals sollte der „Lange Tisch“ aufgewertet werden und wieder an Niveau gewinnen – so haben wir uns damals kennengelernt.“
Auch Frau Vollmer von der Kölner Graphikwerkstatt erinnert sich gerne zurück: „Plötzlich saßen wir mit Leuten aus der Nachbarschaft zusammen, die wir vorher teilweise nie gesehen hatten, deren Schaufenster uns aber schon angenehm aufgefallen waren.“ Schnell war dann die Idee zu einer Gruppe geboren, die „der Kölner Südstadt wieder zu mehr kreativem Flair“ verhelfen sollte.
Die Palette der Mitglieder von 50678 KunstHandwerkDesign ist dabei so bunt wie ein Farbmalkasten: Katrin Brusius entwirft in ihrem Geschäft am Ubierring Schmuck und Kunstobjekte. Rainer Braun stellt in seiner Werkstatt, die An der Eiche gelegen ist, Porzellanschmuck und feinstes Kunsthandwerk her. Die gö ledermanufaktur von Simone Gögelein, in der Lederarbeiten nach Maß angefertigt werden, hat ihren Sitz ebenfalls An der Eiche.
Markus Dreiling hingegen ist Schuhmacher und stellt als solcher Schuhe, und vor allem orthopädisches Schuhwerk samt Einlagen her. Mit kaputten, reparierbedürftigen Schuhen darf man aber auch in sein Geschäft mit Sitz Im Ferkulum kommen. In der Kölner Graphikwerkstatt Im Sionstal finden unter Leitung von Jutta Vollmer und A. Vietz Seminare und Workshops für Kinder, Jugendliche und Erwachsene statt. Elisabeth Viehweger ist die Inhaberin des Modeateliers Viehweger in der Alteburger Straße. In der Porzellanwerkstatt von Eberhard Schulz wird Porzellan mit Liebe fürs Detail und Perfektionismus restauriert. Goldschmiedemeisterin Cordula Rössler kreiert für ihr Schmuckgeschäft auf der Alteburger Straße Edles aus Gold und Silber. Die nonmodo Designagentur aus der Annostraße hat das gesamte Corporate Design für 50678khd entworfen.
Individuelle Anfertigungen, gute Materialien und ein bewusster Umgang mit den Dingen!
Wie sich diese unterschiedlichen Handwerke in einer Gruppe zusammenfinden, ist für die 50678khd-ler vollkommen klar und natürlich: „Wir sind sehr unterschiedliche Leute, auch vom Geschmack her – es ist wie eine bunte Blumenwiese – es macht Spaß!“, stellt Simone Gögelein fest, und für Jutta Vollmer ist die Gruppe schon längst eine Art Familie geworden: „Wir haben die gleichen Ansätze zu arbeiten, zu denken. Unser Hauptaugenmerk liegt auf individueller Anfertigung, guten Materialien und einen bewussten Umgang mit den Dingen.“ Besonders in der heutigen Zeit interessieren sich die Konsumenten zunehmend für die Herkunft, Herstellung und Verarbeitung der Einkaufsgüter.
Die Situation im Viertel sehen die Künstler und Geschäftsinhaber mit gemischten Gefühlen: Einerseits können die 50678khd-ler durch ihre Läden und Werkstätten ihrem Schaffensdrang nachgehen, andererseits wird das Viertel – und vor allem die Severinstraße – immer mehr von „Besonderheiten entleert“, wie Modedesignerin Viehweger treffend feststellt. Aber um eben diese Besonderheiten geht es den 50678khd-ler: kleine, außergewöhnliche Geschäfte, Werkstätten und Boutiquen, die nicht auf Masse, sondern auf Qualität setzen, und den Kunden deshalb nachhaltig in Erinnerung bleiben.
50678 KUNST HANDWERK DESIGN –
Adressen:
Katrin Brusius
schmuck & objekte
Ubierring 25
Die Werkstatt
Rainer Braun
An der Eiche 9
Orthopädie Schuhmacher Markus Dreiling
Im Ferkulum 35
gö ledermanufaktur
Simone Gögelein
An der Eiche 9
Kölner Graphikwerkstatt
Jutta Vollmer, A. Vietz
Im Sionstal 17
Modeatelier Elisabeth Viehweger
Alteburger Straße 14
nonmodo Designagentur
Annostraße 108
Porzellanwerkstatt Eberhard Schulz,
Restaurator
Kartäuserhof 11
Cordula Rössler – Goldschmiedemeisterin
Alteburger Straße 30