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Meine Südstadt – Veedelsportal

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„Aus Liebe zum Veedel“ – „Am Anfang hat man uns gesagt: ‚Wenn ihr ein Jahr schafft, dann seid ihr gut.‘“ Darüber kann Andreas Moll, Mitgründer von „Meine Südstadt“, heute nur den Kopf schütteln: Drei Jahre besteht das lokale Onlineportal für den Kölner Süden jetzt. Entgegen manchen pessimistischen Prognosen platzte keine Luftblase, sondern es entwickelte sich ein professionelles und lebendiges Medium, nah an den Bürgern des Stadtteils. Es greift Themen aus dem und über das Veedel auf, kommentiert und reflektiert, was sich alles zwischen Waidmarkt und Bayenthal, Rheinauhafen und Barbarossaplatz abspielt.

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Wie gut sich das Projekt entwickeln würde, ahnte damals keiner. „Wir wollten eine Plattform schaffen, auf der das Geschehen in der Südstadt einen Platz findet. Einfach aus Liebe zum Veedel“, erzählt Moll. Den Machern ging es nicht nur um Kultur, sondern vor allem um das wirkliche Leben, die Menschen, Politik oder Wirtschaft. „Wir behandeln Themen wie den Bau der Nord-Süd-Stadtbahn oder das Stadtarchiv, aber erzählen auch aus dem Käseladen um die Ecke“, erklärt der Medienkaufmann Andreas Moll. Gemeinsam mit der Designerin Tamara Soliz und dem Fotografen Dirk Gebhardt hob er am 15. April 2010 das Lokalportal aus der Taufe. Damit fanden sie die Nische, die Lokalzeitungen nicht bedienen wollten oder konnten: lokale Berichte, speziell zugeschnitten auf ein Veedel.



Harte Arbeit – großer Zuspruch

Meine suedstadt

Seitdem ist meinesuedstadt.de stetig gewachsen. Mittlerweile besuchen rund 3.800 Leser pro Tag die Seiten, die von 20 Mitarbeitern produziert und online gestellt werden. Freie Medienschaffende schreiben für meinesuedstadt.de ebenso wie Veedelbewohner ohne beruflichen Medienbezug. Jeden Tag gibt es einen neuen Artikel, ein Lunch-Newsletter informiert über aktuelle Mittagsangebote und der Wochenend-Newsletter über Kultur- und Freizeitangebote. Der Terminkalender findet online den meisten Zuspruch.

Was die Macher motiviert? Das Veedelleben spiegeln und es anderen zugänglich machen, aber auch an der Veedelsarbeit teilhaben. „Wir wollen ausgewogen informieren, mitgestalten und kritisch sein, weil es uns nicht egal ist. Dafür geht der Blick hinter die Fassaden, wir reden mit Bewohnern, Vermietern, Polizisten oder dem Pfarrer. Keiner bleibt außen vor“, sagt Journalist Jörg-Christian Schillmöller, der fest beim Deutschlandfunk und in seiner Freizeit für das Südstadtportal arbeitet. Für ihn liegen die Themen quasi auf der Straße: „Man muss nur mit offenen Augen durchs Veedel gehen.“

Es gehört viel Überzeugung und Leidenschaft dazu, ein Lokalportal erfolgreich zu betreiben. Sein halbes Leben lang wohnt Andreas Moll schon in der Südstadt und ist dort ein bekanntes Gesicht. Auch, weil er sich um Anzeigen und das Marketing kümmert. „Weil wir uns selbst finanzieren, haben wir eben ein sehr begrenztes Budget. Das erfordert viel Disziplin und auch Mut zum Scheitern.“ Das hat die Macher aber nicht aufgehalten: „Man muss sich eben immer neue Ziele setzen, sich immer neu erfinden. Aber es lohnt sich, und wir können unsere großartigen Mitarbeiter bezahlen“, betont Moll. Erst vor Kurzem verzichtete das feste Team freiwillig auf eine Honorarerhöhung: Das Geld solle besser Recherche intensiven Themen zugute kommen.

Netzwerk ist gut geflochten

suedstadt

Zwar bleibt die Arbeit für meinesuedstadt.de für alle eher ein Zuverdienst zum Hauptjob, dennoch ist viel erreicht. Nicht zuletzt über die besondere Finanzierungsmethode, die meinesuedstadt.de entwickelt hat: Über ein Partnermodell bindet das Portal die lokale Wirtschaft mit ein. Gegen einen festgelegten Betrag stellt meinesuedstadt.de Geschäfte in einer dafür gekennzeichneten und suchmaschinenoptimierten Rubrik vor, Restaurants können ihre Angebote in den Lunch-Newsletter aufnehmen lassen. Das Konzept funktioniert, denn die Zielgruppe ist genauestens definiert und definitiv vor Ort: Bewohner, Fans oder Menschen, die in der Südstadt leben und arbeiten.

„Nach den ersten drei Jahren befinden wir uns jetzt an einem besonderen Punkt“, sagt Tamara Soliz. „Mittlerweile kommen viele Leute von alleine auf uns zu.“ Damit meint die Chefin vom Dienst und gute Seele der Redaktion einerseits freie Journalisten und andererseits Veedelbewohner, die mögliche Themen oder Sorgen an die Redaktion herantragen. „Das erleichtert die Arbeit und wir wissen jetzt, wie wir ein Thema am besten bearbeiten.“ Alle 14 Tage findet eine Redaktionskonferenz statt, bei der mögliche Themen besprochen werden, die Arbeit reflektiert und kontrovers diskutiert wird. Das gehört dazu, denn „es gibt genug schlechte Blogs und Texte ohne Maßstab. Davon heben wir uns durch verlässliche Information und ausgewogene Inhalte ab. Außerdem entsteht durch eine gewisse Reibung immer etwas Neues“, betont Soliz.

Trotz des Erfolgs von meinesuedstadt.de bleiben die Gründer auf dem Boden. „Wir können uns nicht ausruhen und entwickeln uns immer weiter“, bemerkt Andreas Moll. In Sülz und Ehrenfeld gibt es mittlerweile ähnliche Portale, mit denen meinesuedstadt.de in Kontakt steht. „Die wollen natürlich wissen, wie wir das geschafft haben. Wir stehen in offenem Austausch, denn so können wir alle voneinander profitieren.“ Was die Weiterentwicklung des Lokalportals angeht, gibt es in der Redaktion viele Ideen. Vor allem soll durch Audio- und Videobeiträge mehr Multimedia zum Einsatz kommen. Wer neue Impulse setzen möchte, hat eben viel zu tun. Trotz Realismus gönnt sich Südstädter Moll auch eine Vision: Ein großes Plakat, das am Chlodwigplatz aufgespannt ist, bedruckt mit „Meine Südstadt forever!“

www.meinesuedstadt.de

/Andrea Neuhoff

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