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Die dunkle Seite der Schokolade

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VON ANDREAS BASTIAN – Trotz konstant starker Nachfrage für den Genussstoff Kakao, sank der Einkaufspreis innerhalb der vergangenen 30 Jahre von 85 USD 1983 je Kilo auf 23 USD in 2012. Die 5,5 Millionen Kakaobauern leben weit unter der Armutsgrenze. Ziel vieler Projekte ist es, den Ertrag zu erhöhen, die Bauern sagen: „Wir haben genug zu tun, mehr Ernte bedeutet auch mehr Arbeit, mehr Personal und mehr Maschinen. Erhöht doch einfach den Einkaufs-Preis, dann können auch wir besser leben.“ Stattdessen wird der Verkaufs-Preis für Kakao durch Nachhaltigkeitszertifikate in die Höhe getrieben. Bei Nachhaltigkeit stellt sich jedoch die Frage, wie viel kommt denn bei den Bauern an? Steigende Nachfrage – sinkender Preis und bis 2020 soll sich die Nachfrage verdoppeln. 400 Millionen US-Dollar Strukturförderungen möchte der Marktführer in den nächsten zehn Jahren investieren. Das sind 60 Cent je Monat pro Kakaoanbauer.


Wir unterhielten uns mit dem Pressesprecher des Schokoladenmuseums, Klaus Harald Schopen über den Handel mit dem Genussrohstoff Kakao:

In Ihrer Ausstellung werden dem Besucher die wichtigsten Elemente in der Herstellung, heute und gestern, vorgestellt. Gibt es auch ein Heute und Gestern bei den Zutaten?

Die Zutaten haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht grundlegend geändert. Geändert hat sich der Blick auf die Lebensbedingungen der Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit dem Anbau von Kakao verdienen und das ist sehr wichtig und
richtig!

Wird heute noch die höchste Güte des Kakaos natürlich angebaut? Oder verwendet man, wie in so vielen Grundnahrungsmitteln der heutigen Zeit, auch genetisch verändertes Keimgut, um die Ausbeute zu verbessern?

Vielen Organisationen engagieren sich für einen nachhaltigen Kakaoanbau, wir versuchen unseren Beitrag zu leisten, in dem wir beispielsweise Ausstellungen zeigen wie „Heimat des Kakaos. Globales Gut – lokal bewahrt.“ Diese Ausstellung haben wir zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit realisiert, Schirmherr war der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Darüber hinaus unterstützen wir mit dem Verkauf der Schokolade in unserem historischen Schokoladenautomaten die Arbeit von ORO VERDE in Bonn.

Die Verdienstmöglichkeiten der Kakaobauern sinken weiter, das Durchschnittsalter der Bauern liegt bei 50 Jahren, die Lebenserwartung in Westafrika bei 60 Lebensjahren. Die meisten leben unterhalb der Armutsgrenze. Aus einem 8.000 USD-Kurs in den 80er Jahren, ist heute ein Kurs von 2.400 US-Dollar je Tonne übrig. Wie kann das sein, bei einer ununterbrochenen Nachfrage in den letzten 35 Jahren?

schokiDas ist eine sehr komplexe Frage. Zahlreiche Faktoren spielen hierbei eine Rolle, die sich unserer Kenntnis entziehen und die wir auch nicht beeinflussen können. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Besucher darüber aufzuklären, woran sie erkennen, ob eine Schokolade, die sie kaufen zertifiziert ist, und wer hinter dem jeweiligen Siegel steckt.

Das Unternehmen Mondelez International, ehemals Kraft Foods, gab bekannt, es werde in den nächsten zehn Jahren 400 Millionen US-Dollar in die Kakaobauern investieren. Das sind 40 Millionen je Jahr, denen stehen 5,5 Millionen Kakaobauern gegenüber. Die Zahlen sind doch mehr als irreführend?



Zur Zeit beschäftigen sich viele Konzerne mit dem Thema des nachhaltigen fairen Anbau von nachwachsenden Rohstoffen, wozu der Kakao gehört. Diese Entwicklung ist gut! Was das einzelne Unternehmen tut und wie das zu bewerten ist, entzieht sich unserer Kenntnis.

Wie kann man die Aussage von Mondelez: „Nur wenn die Lebensumstände der Kakaobauern verbessert werden können und die Einkommen der Farmer ausreichend gesichert sind, ist der Kakaoanbau ein zukunftsfähiger Beruf, den auch nachfolgende Generationen gern ausüben.“ verstehen?

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Letztendlich ist es für alle wichtig, dass die Anbaubedingungen nachhaltig sind, dass die Kakaobauern von Ihrer Arbeit gut leben können, und dass junge Menschen eine Zukunft im Kakaoanbau sehen. In vielen Ländern Westafrikas ist der Kakaoanbau ein wichtiger Wirtschaftszweig, den es zu fördern gilt insbesondere zum Wohle der Menschen, die auf den Plantagen arbeiten. Zudem sollte es uns wichtig sein, dass die Bedingungen gerecht sind, damit wir Schokolade genießen können und nicht bei jedem Schokoriegel vom schlechten Gewissen geplagt werden.

Nestle verteilt Kakaopflanzen – Zertifizierung, Aus- und Weiterbildung und neue Pflanzen – die großen Stichworte. Aber eigentlich soll nur der Ertrag gesteigert werden: Vielerorts sind die Kakaobäume schon über 20 Jahre alt. Und doppelter Ertrag heißt ja eigentlich auch nur mehr Arbeit – 4 Ct. je Schokolade, so ein Institut aus Siegburg, bekommen die Bauern je Schokolade ausbezahlt. Das System scheint nicht sehr fair zu sein.
Gemeinsam mit dem, von Ihnen zitierten ‚SÜDWIND-Institut – Für eine gerechte Weltwirtschaft‘, haben wir im Herbst eine Fortbildung für Lehrer durchgeführt und es hat im Museum eine Tagung von Experten aus der Industrie, von NGOs und aus der Politik stattgefunden. In diesem Rahmen haben wir mit dazu beigetragen, dass das System in Frage gestellt und zum Wohl der Menschen, die vom Kakao und seinen Produkten leben, verbessert wird.

Auch die deutsche Kakaoverordnung wurde in den letzten Jahren stark reformiert – In den meisten Snacks ist mittlerweile mehr Zucker als Kakaomasse vorhanden, ist das für Sie noch Schokolade?

schoko223Die Produktvielfalt rundum die Schokolade ist vielfältig. Neben dem erwähnten Trend gibt es seit einigen Jahren Trends hinzu Schokoladen mit einem sehr hohen Kakaoanteil und mit wenig Zucker. Es ist ein berechtigtes Interesse der Hersteller, Produkte zu produzieren, die der Verbrauch gerne kauft. Zu süß, zu fett, zu viel ist nicht gut. Wer aufmerksam durch die Supermärkte geht, wird feststellen, dass dem billigen Lockangebot meistens qualitativ hochwertige Produkte zur Seite gestellt werden. Nun ist es am Käufer sich zu entscheiden. Wer informiert ist, kann diese Entscheidung besser fällen und damit schließt sich der Kreis zur Aufgabe des Museums.

Es gibt schokoladenähnliche Zutaten auf allerlei Lebensmittel. Auf so manchem Schokocroissant ist der Belag aus gefärbter Gelatine oder Nusscreme. Verwirren die Plagiate auch unseren Gaumen?

Unser Gaumen ist vielem ausgesetzt, was ihn verwirrt. Auch hier ist es wieder Verbraucher selbst, bei dem die Entscheidung liegt. Wenn ich für wenige Cent im Backshop einer großen Kette ein Schokoladencroissant kaufe, muss ich mir darüber im Klaren sein, dass nichts an dieser Backware höheren Qualitätsstandards entsprechen kann. Anders sieht es aus, wenn ich in eine Bäckerei gehe, in der noch handwerklich gearbeitet wird. Den Unterschied wird den meisten Gaumen auffallen.

Woran erkenne ich noch die gute alte Schokolade?

Auf den ersten Blick erkennen Sie gute Schokolade ganz einfach am Preis und der Verpackung. Wenn Sie die Tafel dann ausgepackt haben und die Tafel anschauen, sollte diese eine gleichmäßige Farbe und einen gleichmäßigen, leicht matten Glanz haben. Brechen Sie einen Riegel ab, sollte das Knacken klar zu hören sein und eine glatte Bruch sollte entstehen. Wenn Sie nun ein Stück Schokolade genießen sollte der Schmelz frei von Krümeln sein.

Soviel Zucker wie noch nie konsumiert die westliche Zivilisation – selbst Bio-Produkte haben versteckten Zucker, Schokoriegel sind gestreckt und gepanscht – Halten Sie ein neues Güte-Siegel für sinnvoll, um den Begriff Schokolade und die Rohstoffhersteller zu schützen?

Noch eine Siegel, noch eine Verordnung, wenn das was vorhanden ist gut kommuniziert wird, wenn alle Beteiligten fair und respektvoll im Umgang gemeinsam an einem Strang ziehen, dann kann viel bewegt werden und es muss keine Energie für eine neues Siegel aufgebracht werden.

Vielen Dank Herr Schopen für das Gespräch.

Hier der Link zum jährlich veröffentlichen Schokobarometer:

http://www.cocoabarometer.org

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