111 Kölner, die man kennen lernen sollte

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Kleine Geschichte der Stadt Köln – VON MICHAELE GARTZ – Alles begann mit „111 Orten, die man gesehen haben muss“. Mittlerweile umfasst die 111-Reihe des Emons Verlags mehr als 80 Bücher. Der Kölner Journalist und Autor Bernd Imgrund stellt im Gespräch mit „seconds“ sein neuestes Werk vor: 111 Kölner, die man kennen sollte.

Wie sind Sie auf die Reihe 111… gekommen?
Der Verlag ist irgendwann auf das Buch „1.000 Places to be before you die“ gestoßen. Das Konzept habe ich auf Köln übertragen. Allerdings ging es mir darum, keine Hauptsehenswürdigkeiten zu nennen. In jedem Reiseführer sind der Kölner Dom und die romanischen Kirche genannt. Ich wollte Plätze zeigen, die noch keiner kennt. 1.000 Plätze wären aber zu viel gewesen, und 100 ist Standard. Also bin ich auf die urkölsche Zahl 11 gekommen: Der Elferrat, das 4711-Haus, die 11 im Stadtwappen. Die Zahl 111 habe ich dann für alle weiteren Bücher beibehalten.

Warum haben Sie genau diese Kölner ausgewählt? Ich habe zum Beispiel den Kölner Komponisten Max Bruch vermisst. Ist der schon zu bekannt?
Die Auswahl war rein subjektiv. Ich habe überall in Archiven und bei Heimatvereinen recherchiert. Max Bruch war übrigens auf der ursprünglichen Liste auch vertreten. Aus diesen 300 Kölnern habe ich dann die herausgefiltert, die letztendlich im Buch erschienen sind. Ich wollte möglichst unbekannte Kölner zeigen. Außerdem sollte in dem Buch ein Zeitraum von insgesamt 2.000 Jahren abgedeckt werden. Ich habe viele interessante Kölner im 19. Jahrhundert entdeckt, aber wer weiß schon, was zur Römerzeit war? Insofern ist mein Buch auch eine kleine Geschichte der Stadt Köln. Und die lässt sich mindestens genau so gut an unbekannten Kölnern ablesen. Nehmen Sie den Dreißigjährigen Krieg. Jeder Kölner kennt Jan von Werth. Aber wer kennt Johann von Krane? Dabei war es seine Arbeit, die in den Westfälischen Frieden mündete und damit den Krieg nach 30 Jahren beendete.

Genau genommen sind nicht alle unbekannten Kölner wirklich Kölner gewesen. Maria von Medici wurde in Florenz geboren.
Ja, das stimmt. Mein Kriterium war, dass die Personen, die im Buch auftauchen, einen Kölnbezug haben. Nehmen Sie das Beispiel der Göttin Isis. Isis hat weder in Köln gelebt noch anderswo. Sie ist eine altägyptische Gottheit. Im spätrömischen Köln gab es allerdings einen Isis-Tag, an dem die Kölner einen angeblich „Carrus navalis“ genannten Schiffswagen durch die Straßen zogen, und zwar in Verkleidung. Vor 2.000 Jahren gab es also in Köln bereits die ersten Umzüge. Da liegt der Bezug zum Kölner Karneval nahe.

Hat Sie nicht manche Geschichte selbst sprachlos gemacht?
Sprachlos war ich weniger, eher sehr verblüfft. Es gibt viele traurige Geschichten. Der Fall der Dienstmagd Merg zum Beispiel. Sie wurde 1591 zum Tode durch Ertränken verurteilt. Die Anklage lautete auf Kindsmord. Kindstötungen waren damals aus Angst vor dem sozialen Abstieg unverheirateter Frauen nicht selten. Doch Merg gab zu Protokoll, dass das Kind Wochen zu früh geboren worden und bei der Geburt durch einen Sturz auf den Kopf gestorben sei. Niemand glaubte ihr allerdings. Daher wurde sie hingerichtet.

Was ist Ihre Lieblingsgeschichte?
Eindeutig die über P 100. Unter St. Severin gibt es ein römisch-fränkisches Gräberfeld. P 100 bezieht sich auf die Grabnummer eines unbekannten Toten, der dort um das Jahr 700 bestattet wurde. Das besondere an diesem Grab ist, dass der Tote mit einer Leier bestattet wurde. Bis heute ist nicht bekannt, ob es sich um einen Musikanten handelt oder um einen Adligen, der mit seinem Instrument beerdigt wurde. Fest steht aber: P 100 gilt als der erste Musiker von Köln. Brings und Kasalla stehen damit in seiner Tradition.

Gibt es Kölner, die Sie für Ihr Buch von vornherein ausgeschlossen haben? Ich denke da zum Beispiel an Nazi-Größen.
Nein, die gibt es nicht. In dem Buch kommen viele böse Menschen vor. Auch über Nazi-Schergen würde ich schreiben, wenn sie einen Bezug zu Köln hätten. Allerdings habe ich ja auch Gussie Adenauer portraitiert. Sie wurde in der Kölner Gestapo-Zentrale am Appellhofplatz verhört und mit übelsten Mitteln dazu gebracht, das Versteck ihres Mannes Konrad zu verraten. Damit habe ich den Nationalsozialismus bereits thematisiert. Ich wollte einfach nicht den Fokus zu stark auf diese Zeit legen.

Sie wohnen selbst in Raderthal. Welcher unbekannte Kölner kommt von dort?
Keiner der Kölner aus dem Buch kommt von dort. Das hängt aber damit zusammen, dass es Raderthal als Stadtteil von Köln noch nicht so lange gibt. Raderthal war Vorstadt. Fritz Encke, der zahlreiche Parkanlagen und Plätze in Köln entworfen hat, hat auch hier gewirkt. Nach ihm ist der Volkspark Raderthal benannt, der heute Fritz-Encke-Volkspark heißt. Allerdings gehört Fritz Encke auch zu den bekannteren Kölnern. Daher wäre es schwierig gewesen, ihn in das Buch mit aufzunehmen.

Wann können wir mit dem Nachfolgewerk rechnen?
Bisher habe ich noch keine Fortsetzung geplant. Aber man weiß ja nie.

Herr Imgrund, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Mir haben die „111 Kölner“ viel Freude beim Lesen bereitet. Ich hoffe, dass das vielen anderen auch so geht.

Bernd Imgrund: 111 Kölner, die man kennen sollte, Emons Verlag, ISBN 978-3-95451-322-2

Lesen Sie auch die Köln-Kolumne von Bernd Imgrund.
Jeden Mittwoch neu: www.emons-verlag.blogspot.com.

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